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Neu entdeckt: Ronny Behnert

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Community Team
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5.654 Aufrufe

Vorweg, vielen Dank an Sony Deutschland für die tolle Möglichkeit mich hier präsentieren zu dürfen um ein paar Zeilen über meinen Lieblingsbereich in der Fotografie, den Langzeitbelichtungen, schreiben zu können.

Für mich persönlich ist die Frage, warum ich mich diesem Bereich verstärkt widme, ganz klar zu beantworten. Die langen Belichtungszeiten ermöglichen es mir als Fotograf, aus einer alltäglichen Szene, wie ich sie oft vor Augen habe, etwas vollkommen Neues entstehen zu lassen. Dinge, Strukturen und Formen, die in jeder Sekunde an uns vorbei rauschen, aber von uns nicht wahrgenommen werden, sind plötzlich sichtbar. Bestimmte Fotos vergleiche ich dabei schon fast mit einer Art Zeitlupe, in der sich ein Motiv quasi schleichend, mit einer Spur versehen, an uns vorbei zieht. Die Zeit, die während des Aufnehmens an uns vorbei rauscht, wird durch die Kamera optisch festgehalten. Durch die dazugehörige Nachbearbeitung der Fotos versuche ich dem Motiv eine Art Bühne zu bieten. Ich möchte Umgebung und Hauptmotiv durch Licht und Schatten zu einer Szene zu verschmelzen, so dass alle Bildinhalte den Eindruck erwecken, als befänden sie sich auf einem Podium, vollkommen neu inszeniert.

 

Ronny1.png

 

Das Thema Langzeitbelichtungen bietet unendlich viele kreative Möglichkeiten mit der Kamera, den Verschlusszeiten und den Motiven zu spielen, dass es fast schon scheint, es gäbe endlos viele Objekte, die es gilt fest zu halten. Am Ende meiner Fotokurse fällt mir oft auf, wie sehr sich das Sehen der Teilnehmer in nur wenigen Stunden verändert hat und sie mit anderen, noch kreativeren Augen, ihre Umgebung betrachten. Der fotografische Horizont scheint sich erweitert zu haben. Die Möglichkeiten, Dinge festzuhalten, an denen sie vorher achtlos vorbei gegangen sind, machen den Reiz dieser besonderen Art der Fotografie aus. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion scheint in diesem Fotos fast schon zu verschwinden. Mir als Fotograf wird durch die Verwendung eines Graufilters die Möglichkeit gegeben alles, was sich in irgendeiner Form bewegt, seien es die Blätter eines Baumes, Wellen im Meer, die sich langsam zurück ziehen, Autoverkehr, sich bewegende Menschen und die ziehenden Wolken am Himmel, festzuhalten. Durch Dichtefilter, die sich durch unterschiedliche Stärken unterscheiden, erweitert sich das Spektrum der möglichen Motive um ein Vielfaches.

 

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Ich kann belebte, stark befahrene Plätze am Tage optisch leeren oder ab der Dämmerung zahlreiche Lichtspuren sichtbar machen, so das aus einem Motiv mit gleichem Blickwinkel und Standpunkt nur eine Stunde später zwei vollkommen unterschiedliche Fotos entstehen können.

Lange Verschlusszeiten haben den Effekt, dass sich jedes Foto in irgendeiner Form von der vorherigen Aufnahme unterscheidet. Ich mache nie haargenau das gleiche Foto, trotz gleichen Standpunkts und Bildausschnitts. Die abgebildeten Strukturen verändern sich ständig und selten herrscht haargenau das gleiche Licht, das durch den Dichtefilter noch zusätzlich verstärkt, bzw. neutralisiert wird. Kein Foto gleicht dem anderen, was einen enormen Reiz auf mich ausübt. Durch die weichen Strukturen wohnt vielen dieser Fotos eine besondere Stille inne. Sie beruhigen. Sie lassen den Betrachter ankommen.

 

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Das gängige Vorurteil, das Thema Langzeitbelichtung ist nicht auf einen bestimmten Moment angewiesen, den es gilt festzuhalten, kann ich nicht bestätigen. Trotz der längeren Belichtungszeiten macht auch hier korrektes Timing und die Tatsache, dass man sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort befindet, das Foto aus. Seien es die Wolken, die sich auf der richtigen Position befinden oder ein Fahrzeug, auf das man wartet bis es im perfekten Moment durch das Bild fährt.

Ein Foto aus Zürich ist das beste Beispiel für den passenden Moment, der in der Fotografie so oft erlebt und gespürt werden will. Ich stand am Escher-Wyss-Platz, mitten in Zürich, um Straßenbahnen während der Fahrt zu fotografieren. Der Platz ist architektonisch etwas ganz Besonderes. Die vielen Autobahnbrücken ermöglichen es mir einen spannenden Bildaufbau zu komponieren indem ich mit den Linien und Fluchtpunkten dieser Brücken arbeite.

Ich stand also dort, habe mein Bild komponiert, alle erforderlichen Kameraeinstellungen vorgenommen und mich auf das Warten auf die Straßenbahnen vorbereitet. Alle paar Minuten fuhr eine Bahn vorbei, doch das Timing passte nicht. Irgendetwas fehlte, bzw. habe ich zu spät oder zu früh abgedrückt. Die Straßenbahn bekam nie die perfekte Position um das Foto harmonisch aufgebaut zeigen zu können. Plötzlich fügte sich aber alles wie aus Geisterhand zusammen.

Von hinten kam ein Passant, der die Straße überqueren wollte, doch durch die von rechts kommende Straßenbahn musste er abwarten bis sie vorbei fuhr. In diesem Moment habe ich abgedrückt, zehn Sekunden belichtet und auf das Display geschaut. Es passte alles. Das perfekte Timing war auch hier wieder das Geheimrezept!

 

Schwiiz---Tram-Traffic,-#2152-Zurich-2013.jpg

 

Was mir das Thema Langzeitbelichtungen ebenfalls näher gebracht hat ist das bewusste Fotografieren und das geplante Komponieren von Bildinhalten. Vor dem Aufnehmen eines Fotos habe ich die Möglichkeit ein Bild bewusst zu gestalten und diese Gestaltung während des Aufnahmeprozesses nochmals aufzuheben bzw. zu verändern. Oft fällt mir während des Aufnehmens in der Wartezeit auf, dass mir die Bildgestaltung nicht optimal gefällt so dass ich die Möglichkeit wahrnehme, meine Bildgestaltung nochmals zu verbessern. Diese Art der Fotografie strahlt eine Entschleunigung und Beruhigung des hektischen Alltags aus, die ich nicht mehr missen möchte. Diese Entschleunigung spiegelt sich nur allzu oft in meinen Fotos wider.

 

Wer mehr über meine Arbeiten erfahren möchte ist herzlich eingeladen, auf meiner Webseite und auf meiner Facebook-Seite zu stöbern. Viel Spaß dabei.

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